Katharina Leyschulte ist Milchviehhalterin aus dem nordrhein-westfälischen Westerkappeln. Bei "Landwirtschaft im Dialog" in Berlin am 2. Juni berichtet sie, was junge Betriebsleiter von der Politik fordern.
Frau Leyschulte, Sie bewirtschaften einen Milchkuhbetrieb. Wieviel Tiere halten Sie und in welcher Haltungsform?
Leyschulte: Wir halten 140 Milchkühe inklusive Nachzucht, insgesamt also ca. 320 Tiere. Und das in konventioneller Haltung zur GVO-freien Milchproduktion.
Unsere Molkerei produziert Verarbeitungsmilch und legt keinen Wert auf Label. Wir halten die Kühe durch das Best Beef-Programm in HF 2, die Ställe und der Laufhof sind für HF 3 ausgelegt.
Die jährliche Auditierung für das HF 3-Fleisch ist uns aber zu aufwendig und teuer, vor allem angesichts des Erlöses.
Vor welchen Herausforderungen stehen Milchkuhhalter wie Sie aktuell?
Leyschulte: Da fallen mir vor allem fünf wichtige Punkte ein:
Das sind einmal Tierseuchen wie die Maul- und Klauenseuche (MKS) und die Infektiöse Bovine Rhinotracheitis (IBR).
Problematisch für uns sind aber auch Prädatoren und Schädlinge. Denn die Bekämpfungsmöglichkeiten für alles mit Fell und Federn schwinden.
Dazu kommen unhaltbare Unkräuter wie z.B. das Jakobskreuzkraut auf den Wiesen und Weiden.
Schwierig für uns sind auch die zunehmenden Wetterextreme, die die Futterqualitäten verschlechtern und das Futter teurer machen.
Und zu guter Letzt ist da natürlich die Bürokratie mit all den Zertifikaten, Nachweisen, Anträgen und Schulungen.
Landwirtschaft im Dialog: Agrarpolitik: Was plant die neue Bundesregierung?
Welche Themen junge Landwirte wie Katharina Leyschulte aktuell sonst noch politisch bewegen, werden wir am 2. Juni um 19 Uhr bei "Landwirtschaft im Dialog" in Berlin diskutieren.
Einen politischen Impulsvortrag wird Alois Rainer (CSU), der neue Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat, halten. Mit dabei sind außerdem folgende Gäste.
Johannes Steiniger (CDU) und Dr. Franziska Kersten (SPD), die beiden agrarpolitischen Sprecher der Koalitionsparteien
Anne Kokenbrink, Redakteurin bei der FAZ
Joerg Hilbers, Geschäftsführer Fachgruppe Obstbau
Dorothee Berger, Vorstandsvorsitzende des Verbandes Pro Agro und Ackerbäuerin
Jan Schleicher, Leiter Category Management/Einkauf der REWE Region Ost
Katharina Leyschulte, Rinderhalterin aus Nordrhein-Westfalen
Markus vom Stein, Einkaufsleiter Vollsortiment Ultrafrische 2 (Fleisch/ Geflügel, Wurst, Brot und Backwaren) der REWE Group
Dr. Ophelia Nick, Bündnis 90/Die Grünen, Sprecherin für Landwirtschaftspolitik in der Bundestagsfraktion
Lars Ruschmeyer, Bundesvorsitzender Bund der Deutschen Landjugend e.V. (BDL)
Dominik Zupp, REWE-Kaufmann (REWE-Markt WATERKANT Berlin)
Sie können die Veranstaltung live auf YouTube verfolgen. Für den Zugang zum Livestream ist keine Anmeldung erforderlich. Vor Ort ist die Veranstaltung bereits ausgebucht.
Wie sehen Sie als Tierhalterin die Diskussionen um die Haltungsformen?
Leyschulte: Der Weg zu einer verlässlichen und langfristigen Tierhaltungskennzeichnung ist richtig und gibt den Tierhaltern Sicherheit. Die jetzige Kennzeichnung schaut für mich besonders in den höheren Stufen leider zu sehr nach Schema F aus.
Denn die HF 1 ist nicht gleich Mordor und HF 5 ist nicht gleich Bullerbü. Tierwohl ist mehr als Platz und Auslauf. Tierwohl ist auch die Zeit, die wir im Stall am Tier verbringen und nicht die Zeit im Büro.
Außerdem ist z. B. die fachgerechte Enthornung von Rindern in meinen Augen aktiver Tier- und Arbeitsschutz. Trotzdem wird sie in höheren Haltungsformen abgelehnt.
Insgesamt rauben die ständigen Audits meine Lebenszeit und Kraft. Ich wünsche mir einen flexibleren und realitätsnäheren Kriterienkatalog sowie bezuschusste oder bezahlbare Audits.
Was braucht es, damit Sie als Tierhalterin wieder positiver in die Zukunft schauen?
Leyschulte: Für mich sind da folgende Punkte wichtig.
Wir brauchen die Abschaffung des derzeitigen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.
Wichtig ist zudem eine Wiederaufstockung der GAK-Mittel.
Der Wolf in Deutschland muss konsequent bejagt werden.
Und es braucht auch eine verstärkte Privilegierung von Bauvorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.
Vor allem aber brauche ich Zeit, meinen Beruf als Landwirtin im Stall und auf dem Feld aktiv mehr genießen zu dürfen. Denn Landwirte mehr und mehr im Büro einzusperren, ist keine artgerechte Haltung, egal wie digitalisiert.