Alois Rainer ist als Bundesminister für Landwirtschaft und Ernährung vereidigt. Dem neuen deutschen Ressortchef dürfte auch in Brüssel eine gewichtige Rolle zukommen - gerade bei der anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Immerhin ist Deutschland das wirtschaftsstärkste Mitgliedsland der Europäischen Union.
Erste Brüssel-Reise in drei Wochen
EU-Agrarkommissar Christophe Hansen gratulierte Rainer kurz nach seiner Vereidigung via X. Hansen freue sich "auf eine fruchtbare Zusammenarbeit".
Bereits in drei Wochen könnte Rainers erste Reise nach Brüssel anstehen. Dann dürfte er auch auf Hansen treffen.
Herzlichen Glückwunsch @AloisRainer zu Ihrer Ernennung zum neuen deutschen Landwirtschaftsminister 🇩🇪
— Christophe Hansen (@CHansenEU) May 6, 2025
Ich freue mich darauf, Sie auf dem nächsten AGRIFISH-Rat zu treffen und auf eine fruchtbare Zusammenarbeit.
Allerdings eilt dem Niederbayern nicht der Ruf voraus, Experte für EU-Politik zu sein. Sehr viel stärker als zuvor Cem Özdemir kann sich Rainer aber auf ein bereits bestehendes Netzwerk in Brüssel stützen. Das gilt vor allem parteipolitisch. Doch auch aus anderen Parteien wird der CSU-Politiker auf Landsleute aus Bayern treffen.
Viele Bayern in Brüssel
Die deutsche Sicht auf die EU-Agrarpolitik aus dem Europaparlament ist seit Langem vor allem bayerisch, mindestens aber süddeutsch geprägt. Zur Erinnerung: Für Deutschland sitzen aktuell sechs Vollmitglieder im Landwirtschaftsausschuss des EU-Parlaments.
Mit Stefan Köhler (CSU), sowie den Politikerinnen von SPD und Freien Wählern, Maria Noichl und Christine Singer stammt genau die Hälfte von ihnen aus dem Freistaat. Der bayerische Einfluss dürfte also mindestens nominell weiter wachsen.
Es bleiben noch der stellvertretende Ausschussvorsitzende aus Baden-Württemberg, Norbert Lins (CDU) und der ehemalige grüne Agrarsprecher Martin Häusling aus Hessen.
Bisher gänzlich ohne Einfluss ist der AfD-Politiker Arno Bausemer aus der rechtsradikalen Fraktion Europa souveräner Nationen (ESN). Er stammt aus Sachsen-Anhalt.
Manfred Weber: Rainers mächtiger Parteifreund
Zum Vorteil auf Brüsseler Parkett dürfte dem neuen Agrarminister auch die landsmannschaftliche Verbundenheit mit Manfred Weber werden. Weber ist der einflussreiche Parteivorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP). Rainers Parteifreund stammt ebenfalls aus Niederbayern.
Das Parteibuch schweißt zusammen
Noch schwerer als die heimatliche Verbundenheit dürfte aber Rainers CSU-Parteibuch wiegen. Zum einen ist die EU-Agrarpolitik nach wie vor zu großen Teilen in den Händen der Europäischen Volkspartei (EVP). Darüber hinaus gibt es vor jedem der rund zehn jährlichen Agrarministerräte Vorbereitungstreffen der jeweiligen Ressortchefs innerhalb der großen Europaparteien - vor allem der EVP, der Sozialdemokraten und der Liberalen.
Dem neuen deutschen Minister dürften hier die bestehenden Strukturen der selbst ernannten Bauernpartei EVP für den persönlichen Start zum Vorteil gereichen.
Solcherlei Netzwerke allein dürften aber nicht reichen. Dass Rainers Vorgänger Özdemir in vielen Fragen mindestens ungeschickt agierte, liegt nach Meinung vieler nicht allein an fehlenden Netzwerken - als meist einziger grüner Agrarminister in der EU.
Hier muss Rainer als neuer Berliner Ressortchef schnell lernen. Die Brüsseler Abläufe sind bekanntlich komplex.
Die GAP muss mehr liefern
Was könnte ein Bayer inhaltlich für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bedeuten? Agrarstrukturpolitisch unterscheiden sich CSU und Grüne trotz aller rhetorischen Feindschaft sehr viel weniger als gemeinhin angenommen.
Der unter Agrarkommissar Christophe Hansen erneut aufkeimenden Diskussion, Direktzahlungen zu kappen oder zumindest stärker degressiv auszugestalten, dürfte Rainer als Bayer nicht abgeneigt sein. Mindestens dürfte er einer weiteren Aufwertung der „Ersten Hektare“ aufgeschlossen gegenüberstehen.
Allzu laut wird Rainer das allerdings nicht kundtun - allein schon aus Rücksicht auf seine Unionsfreunde in den ostdeutschen Bundesländern. Von seinem Auftreten in Brüssel wird es nun abhängen, ob Bayerns Einfluss auf die EU-Agrarpolitik weiter wächst.