topplus Zukunft der Zuckerrübe

Schilf-Glasflügelzikade: Darauf kommts beim Insektizideinsatz an

Auf einem Feldtag in Unterfranken diskutierten Experten über Chancen und Herausforderungen im Rübenanbau. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Schilf-Glasflügelzikade und ihre Bekämpfung.

Lesezeit: 5 Minuten

„Den Rübenanbau zukunftsfähig machen“, so lautet der Titel eines Feldtags zu dem Mitte Mai die Regierung von Unterfranken und das Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kitzingen-Würzburg eingeladen haben. Der Fokus der Veranstaltung lag auf dem Themenkomplex Schilf-Glasflügelzikade-SBR-Stolbur sowie der Digitalisierung im Rübenanabau.

Notfallzulassungen nur nach Warndienstaufruf einsetzten!

Für die auf der Versuchsstation der KWS in Seligenstadt anwesenden Rübenanbauer war besonders der Einsatz über Art. 53 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zugelassenen Insektizide von hohem Interesse. Das wichtigste hierbei: Der Einsatz besagter Mittel ist generell nur in Hotspot- und Übergangsregionen gestattet und erst  nach Aufruf durch die Warndienste.

Laut Matthias Strebel von der ARGE Franken sind Hotspot-Regionen solche, in denen

  • ein intensiver Wirtspflanzenanbau mit > 50 % Befall gegeben ist,

  • hohe Fangzahlen adulter Schilf-Glasflügelzikaden (SGFZ) mit Erregernachweiß und erheblichem Nymphenbesatz ermittelt werden konnten,

  • hohe Ertragsverluste zu verzeichnen waren und

  • ein hoher Anteil Doppelinfektionen herrschen.

Wie genau die Hotspot-, Übergangs- und Grenzregionen in Bayern aussehen, soll in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.

Behandlungsstrategien gegen die Schilf-Glasflügelzikade

Wichtig sei es laut Achim Jesser von der Südzucker nach dem Warndienstaufruf so bald wie möglich zu behandeln. Zum Einsatz der Insektizide selbst, sprach er folgende konkrete Empfehlungen aus:

  • Kombinieren Sie systemische Wirkstoffe (Acetamiprid oder Flupyradifurone) mit solchen, die eine Kontaktwirkung haben (Pyrethroide). Für die erste Bekämpfung empfiehlt Jesser den Einsatz von Sivanto Prime (Flupyradifurone) kombiniert mit einem Decis Forte. Die zeitlich begrenzte Anwendungsmöglichkeit des Sivantos prädestiniert das Mittel für den frühen Einsatz.

  • Für die zweite Behandlung empfiehlt der Experte eine Kombination aus einem Acetamiprid (Mospilan SG, Danjiri oder Carnadine 200) und Karate Zeon.

  • Behandlung 3 kann dann nochmal – unter Berücksichtigung der zugelassenen Anwendungshäufigkeit – ein Acetamiprid sein.

Die Abstände zwischen den Behandlungen sollten 10 bis 14 Tage betragen. „Wartet man zu lange, geht der Schutz verloren“, so Jesser. Der betont außerdem, wie wichtig es ist, die Auflagen und Anwendungsbestimmungen, wie z.B. die maximale Anwendungshäufigkeit pro Saison oder die Drain-Auflagen zu berücksichtigen.

Die maximale Wirkung raus holen

Um möglichst hohe Wirkungsgrade zu erreichen, empfiehlt Jesser hohen Wasseraufwandmengen von mindestens 300 l/ha. Nur so erreiche man eine ausreichende Benetzung der Blätter, die wichtig sei, damit die Zikaden die Kontaktwirtstoffe über Ihre Tarsen („Füße“ der Zikaden) aufnehmen können.

„Vergewissern Sie sich auch, ob der pH-Wert ihrer Spritzbrühe passt“, ergänzt Jesser. Dieser liegt für eine gute Wirksamkeit und Pflanzenverträglichkeit im Idealfall zwischen 6 bis 6,5.  Wie auch bei anderen Insektiziden sollten auch die gegen die Schilf-Glasflügelzikade Abends ausgebracht werden.

Um die Vitalität der Rüben abzusichern oder zu verbessern empfiehlt Jesser mit den Maßnahmen auch Blattdünger auszubringen - Mischbarkeit mit Insektiziden vorausgesetzt.

Die frühen Maßnahmen sind die wichtigen

Dass vor allem die frühen Behandlungstermine wichtig sind, zeigen auch die von Dr. Carsten Stibbe und Carolin Kunz (beide KWS) vorgestellten „Abdeck-Versuche“ aus 2024. In diesen hat man Zuckerrübenparzellen zu unterschiedlichen Terminen abgedeckt und so verhindert, dass die Schilf-Glasflügelzikade die Rüben mit SBR oder Stolbur infiziert. Stibbe und sein Team wollten so herausfinden, ob der Infektionstermin Einfluss auf die Höhe des Schadens hat.  

Versuch 1, Große Blockabdeckung:

Am Standort Seligenstadt hat man einen Versuch mit fünf Blöcken verglichen:

             Block 1: Offene Kontrolle (keine Abdeckung)  

             Block 2: Gesunde Kontrolle (Abgedeckt von XX bis XX)

             Block 3: Anfang Juni aufgedeckt

             Block 4: Anfang Juli aufgedeckt

             Block 5: Anfang August aufgedeckt

Mit knapp 15 t Zucker je ha brachte die offene Kontrolle fast 4 t Zucker weniger als die, die immer abgedeckt war. Die Beerntung des Versuchs zeigte aber auch, dass der Einflug im Juli und im August keinen nennenswerten Schaden mehr verursachte.

Versuch 2, Tunnel-Abdeckung von Parzellen

An den Standorten Seligenstadt und Giebelstadt (Ochsenfurter Gau) hat man Zuckerrübenparzellen mit kleinen Fließtunneln überspannt und ab bestimmten Terminen für 10 Tage geöffnet. Über den gesamten Flugzeitraum war immer eine Variante eröffnet.

Wie auf den Übersichten zu erkennen ist, zeigte auch dieser Versuch, dass ein Zuflug ab Anfang/Mitte Juli kaum mehr einen Effekt hat.

Auch wenn man bei der Interpretation der Daten laut Carsten Stibbe vorsichtig sein müsse, da es sich lediglich um einjährige Versuche handle, steht für Ihn doch fest: „Der frühe Befall macht den Schaden!“

Ein Versuch zum Aussaattermin auf den selben Standorten machte laut Stibbe zudem deutlich, dass spätere Saattermine anfälliger Sind. „ Je später man sät, desto größer der Ertragsschaden“, warnt Stibbe.

 Wann ist mit Flugbeginn zu rechnen?

Laut Achim Jesser kann man ab Ende Mai mit Aufruf durch die Warndienste rechnen. Dieser wiederum bezieht sich auf das Monitoring der Bundesländer, welches in der vergangenen Woche gestartet ist. Unter www.isip.de kann man die Monitoringstandorte und Fangzahlen einsehen.

Wer sich selbst ein Bild machen möchte kann sich durchsichtige Klebetafeln ins Feld hängen, gegen die die Zikaden zufällig fliegen. „Allerdings ist die Bestimmung der Schilf-Glasflügelzikade auf den Tafeln nicht immer einfach“, gibt Carolin Kunz zu bedenken.

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