„Freiräume statt Formulare“ hat Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer den deutschen Bauern in seiner ersten Bundestagsrede versprochen. Rainer gab am Donnerstag in Berlin ein „klares Bekenntnis für die bäuerliche Moderne sowie für eine wettbewerbsfähige und vielfältige Landwirtschaft“, aber auch gegen politische Vorgaben auf dem Teller ab. Er stellte klar: „Zu einer ausgewogenen Ernährung gehören für mich Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch.“ Seine Regierung stehe für mündige Bürger, die selbst entscheiden, was in den Einkaufskorb kommt.
Weniger Schreibtisch, mehr Freiheit
Der CSU-Politiker verspricht zudem „mehr Freiheit, gezielte Förderung von Innovationen und gesellschaftliche Wertschätzung“. Gemeint ist damit unter anderem ein Förderprogramm für Tierwohlställe, aber auch einen zügigen Einstieg in den Bürokratieabbau. Dazu soll das Bundeslandwirtschaftsministerium bisherige Maßnahmen prüfen und neue Vorschläge erarbeiten. Rainers Credo: „Der Schreibtisch darf nicht länger die zeitaufwendigste Ackerfläche unserer Landwirtinnen und Landwirte sein!“
Der neue Minister will verstärkt auf innovative Technologien und eine nachhaltige Bewirtschaftung setzen. Im Natur- und Artenschutz präferiert er Anreize, Vertragsnaturschutz sowie die Honorierung entsprechenden Leistungen.
Alle Landwirte unternehmerisch stärken
Diese und weitere Maßnahmen sollen in den kommenden Jahren die Wettbewerbsfähigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette gesteigert, die landwirtschaftliche Produktion gesichert und gleichzeitig ökologische Ziele erreicht werden. „Wir werden zeigen, dass dies kein Widerspruch ist, genauso wie konventionell und Bio kein Widerspruch ist. Ich will alle unsere Landwirtinnen und Landwirte in ihrer unternehmerischen Freiheit stärken“, so Rainer.
„Ganz oben auf der Liste“ steht für Rainer die vollständige Wiedereinführung der Agrardieselrückvergütung. Die konkrete Umsetzung soll zusammen mit dem federführenden Finanzministerium „schnellstmöglich“ angepackt werden.
Angemessenes GAP-Budget!
In puncto Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) pocht der Agrarminister auf ein angemessenes Budget. Er geht allerdings davon aus, dass die Gespräche und Verhandlungen zur Zukunft der GAP „eine sicher herausfordernde Aufgabe“ sein werden.
Als neuer Heimatminister will Rainer die Schere zwischen Stadt und Land schließen. Dazu sollen die ländlichen Räume gestärkt werden, ohne eine „Stadt-gegen-Land-Debatte“ zu führen, denn Stadt sei genauso Heimat wie der ländliche Raum.
In der anschließenden Debatte traten erneut unterschiedliche Sichtweisen innerhalb der Koalition für die angestrebte Förderung der Tierhaltung zutage. Für den stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Esra Limbacher, ist eine Unterstützung der Investitionskosten ebenso wie der laufenden Tierwohlkosten unerlässlich. Ähnlich äußerte sich Fraktionskollegin Dr. Franziska Kersten, die ausdrücklich auf das Borchert-Konzept verwies, dessen Umsetzung die Union zuletzt zu Jahresbeginn in einem Antrag gefordert habe.
CDU/CSU-Fraktionsvize Albert Stegemann bekräftigte, dass Zusagen im Rahmen des von der vorhergehenden Bundesregierung auf den Weg gebrachten Bundesprogramms Tierhaltung nicht infrage gestellt würden. Bei einer neuen Investitionsförderung baue man jedoch auf verlorene Zuschüsse, „weil eine Unterstützung variabler Kosten einfach nicht sicher zugesagt werden kann.“ Für Klarheit sorgte Stegemann in der Waldpolitik: „Wir sind überzeugt, es braucht kein Waldgesetz.“
Zurück in die Vergangenheit
Aus der Opposition kam zum Teil harsche Kritik an den Plänen der neuen Bundesregierung in der Agrar- und Ernährungspolitik. Die zuständige Arbeitsgruppenvorsitzende der Grünen, Dr. Zoe Mayer, hielt der Koalition vor, sie steuere „im Rückwärtsgang in die Vergangenheit“. Die Ernährungswende mit dem Fokus auf die Gesundheit von Menschen, Tiere und Umwelt spiele keine Rolle mehr. Stattdessen führe der Minister eine Debatte um mehr Fleisch in Schulen und Kitas. Die agrarpolitische Sprecherin der Linken, Ina Latendorf, bezeichnete die Ernährungspolitik von Schwarz-Rot als ambitionslos. Ebenfalls schwach aufgestellt sei Schwarz-Rot beim Tierschutz und in der Politik für ländliche Räume.
AfD-Agrarsprecher Stephan Protschka bescheinigte dem neuen Landwirtschaftsminister gute Ansätze und führte dessen Absage an eine „Fleischsteuer“ an. Gleichzeitig bezweifelte Protschka, dass Rainer seine Vorstellungen werde durchsetzen können. Der Koalitionsvertrag enthalte „viele wohlkingende Worte“, lasse es jedoch an konkreten Maßnahmen fehlen. Der AfD-Politiker kritisierte eine „zunehmende staatliche Lenkung durch Subventionen“, die aus selbstständigen Bauern Bittsteller machten.