Frage:
Kann der Jagdpächter Schadenersatz fordern, wenn Rehkitze durch die Mahd getötet werden?
Antwort:
Das Jagdausübungsrecht ist ein ‚sonstiges Recht’ im Sinne von § 823 Absatz I Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hier heißt es: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“
Keinen Anspruch gegen den Verpächter
Gegen seinen Vertragspartner, folglich entweder gegen die Jagdgenossenschaft oder den Eigenjagdinhaber, hat der Jagdpächter jedoch keinen Entschädigungsanspruch. Beide haften nicht für Schäden, die ein Dritter, nämlich der Landwirt, verursacht hat. Dies, obwohl das verletzte Aneignungsrecht des Jagdpächters am Wild freilich aus dem Jagdpachtverhältnis rührt.
Obendrein schuldet der Verpächter des Jagdausübungsrechts auch keinen bestimmten Wildbestand. Schadenersatzansprüche oder auch das Recht zur Minderung der Jagdpacht werden daher durch das Unterschreitung der üblichen Bestandsdichte einer Wildart grundsätzlich nicht ausgelöst.
Schadenersatz vom Landwirt fordern?
Werden in einem Jagdrevier Rehkitze ausgemäht, so steht dem Jagdpächter jedoch ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Landwirt zu - wegen Verletzung seines Aneignungsrechts an dem Wild in seinem Revier. Allerdings nur dann, wenn der Landwirt leichtfertig keine oder nur unzureichende Vorkehrungen gegen das Ausmähen der Kitze getroffen hat. Das müsste der Jagdpächter dann konkret nachweisen können.
Welcher Betrag?
Der geschädigte Jagdpächter hat einen Anspruch auf sogenannte „Naturalrestitution“, d.h., auf Wiederherstellung des Zustands, der vor der Tötung der Kitze bestand (§ 249 Absatz I BGB). Für den Jagdpächter ist offensichtlich der Zuchtwert der Kitze bedeutsam, ihm ging es darum, ihr Leben zu erhalten. Von dem Landwirt könnte der Jagdpächter dann den Preis für die Wiederbeschaffung von Lebendtieren fordern und nicht lediglich den Wildbreterlös. Hierzu gab es bereits 2005 ein Urteil, in dem das Gericht entschied, dass ein Landwirt dem Jagdpächter 680 € pro ausgemähtem Kitz an Entschädigung zahlen muss. Der Landwirt hatte nachweisbar keinerlei Vorkehrungen gegen das Ausmähen der Kitze unternommen (LG Trier, 1 S 183/04).
Wer muss die Flächen absuchen?
Kann übrigens der Landwirt nicht darauf vertrauen, dass der Jagdpächter nach Bekanntgabe des Mähtermins die Flächen absucht und Vorkehrungen gegen das Ausmähen von Kitzen trifft, dann muss der Landwirt dies selbst tun, um sich nicht im Schadensfall ersatzpflichtig zu machen.
Wer als Landwirt oder Maschinenführer mindestens bedingt vorsätzlich handelt, das bedeutet, den Tod von Kitzen als mögliche oder gar sichere Folge seines Verhaltens voraussieht und in Kauf nimmt, macht sich wegen der Tötung eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund strafbar (§ 17 Tierschutzgesetz).
Unsere Expertin: Dr. Susanne Selter, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Strafrecht, Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei Jordan, Fuhr, Meyer GbR Bochum, NRW
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