Es ist eine Schlechtwetterfront für den Abend gemeldet. Paul Meier steht unter Zeitdruck: Es ist später Nachmittag, er will das Getreide noch dreschen und in den Stall muss er auch noch. Sein Mitarbeiter befürchtet erneute Überstunden, ist gereizt und beharrt darauf, pünktlich Feierabend zu machen. Es kommt zu Diskussionen und Meier muss im Gespräch vor allem eines leisten: Überzeugungsarbeit.
Das Beispiel ist zwar frei erfunden. Auf den meisten Betrieben dürfte eine ähnliche Situation so aber schon einmal vorgekommen sein. Dann helfen Paul Meier seine ausgezeichneten Kenntnisse im Ackerbau und in der Tierhaltung jedoch leider wenig weiter.
Hier können hingegen sogenannte „soft skills“ unterstützend wirken. Also persönliche soziale und emotionale Fähigkeiten, die sich auf die Art und Weise beziehen, wie jemand mit anderen interagiert und arbeitet. Nur wenn ein Betriebsleiter diese Fähigkeiten besitzt, kann er einen landwirtschaftlichen Betrieb auch unternehmerisch führen.
Kompakt informiert
Kommunikations- und Führungskompetenzen sind essenziell für eine erfolgreiche Betriebsleitung.
Regionale und überregionale Weiterbildungskurse bieten die Möglichkeit, soziale und emotionale Fähigkeiten zu erlernen.
Viele Intensivkurse zielen auf junge Landwirte ab und legen den Fokus auf Persönlichkeitsentwicklung.
Auch für ältere Landwirte gibt es verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten.
Was zählt alles dazu?
Zu diesen Fähigkeiten gehören beispielsweise:
Kommunikationsfähigkeit: Klare und effektive Kommunikation trägt dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden, Probleme zu lösen und auch produktiver zu arbeiten: Ob mit Familienmitgliedern, dem Mitarbeiter, dem Tierarzt, Lieferanten, Kunden, Beratern oder Behörden.
Team- und Führungsfähigkeit: Ein guter Betriebsleiter muss in der Lage sein, sowohl im Team zu arbeiten als auch ein Team zu führen, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und sicherzustellen, dass alle zusammenarbeiten. Eine gute Team- und Führungsfähigkeit schafft ein positives und produktives Arbeitsumfeld.
Problem- und Konfliktlösungsfähigkeit: Neben zwischenmenschlichen Problemen gibt es auf jedem Hof auch unvorhersehbare Herausforderungen wie Wetterbedingungen, Schädlinge, Marktveränderungen, Lieferschwierigkeiten oder Personalengpässe. Ein Betriebsleiter muss in der Lage sein, einen kühlen Kopf zu bewahren, andere Sichtweisen einzunehmen und schnell und effektiv Lösungen zu finden.
Anpassungs- und Innovationsfähigkeit: Ohne ein gewisses Maß an Offenheit für Veränderungen ist ein Betrieb nicht zukunftsfähig. Auf dem Betrieb ist oft Flexibilität gefragt und die Fähigkeit, sich an neue Technologien, politischen Vorgaben und Marktbedingungen anzupassen.
Zeit- und Stressmanagement: Der Hofalltag kann stressig sein, mit Herausforderungen wie Wetterbedingungen, Marktpreisschwankungen und langen Arbeitszeiten. Persönlichkeitsentwicklung liefert Strategien zur Stressbewältigung und stärkt Resilienz.
Sich Zeit nehmen
Nicht jede Person hat diese Fähigkeiten in die Wiege gelegt bekommen. Die gute Nachricht ist aber: Man kann sie erlernen. Weiterbildungskurse in diesen Bereichen tragen dazu bei, dass Landwirte ihre persönlichen, sozialen und emotionalen Fähigkeiten (weiter)entwickeln, die notwendig sind, um ihren Betrieb erfolgreich zu führen und den Herausforderungen der Branche gewachsen zu sein. „Während eines Kurses reflektieren die Teilnehmenden sowohl sich als auch das Handeln anderer. Die Teilnehmer befinden sich in einem sicheren Raum, in dem sie sich ausprobieren können“, sagt Andreas Quiring, Geschäftsführer der Andreas Hermes Akademie, die zahlreiche Weiterbildungsseminare für Landwirte anbietet.„Die Teilnehmer können sich Zeit nehmen, um sich mit tiefergehenden Fragen des Lebens zu beschäftigen, ohne dass die nächste Melkzeit dazwischenkommt. Sie können auch andere Verhaltensweisen, z. B. den Umgang mit Konflikten, ausprobieren und einüben, bevor sie es in der Realität anwenden müssen“, so Quiring, der auch Vorsitzender des Verbandes der Bildungszentren im ländlichen Raum (VBLR) ist. Ein Weiterbildungskurs hilft zudem, Netzwerke aufzubauen und im Rahmen verschiedener Exkursionen den eigenen Erfahrungshorizont zu erweitern.
Die meisten mehrwöchigen Intensivweiterbildungskurse richten sich an junge Erwachsene im Alter von 18 bis 30 Jahren. Inhalte sind insbesondere Persönlichkeitsbildung, Selbstmanagement und persönliche Zielsetzung, Argumentations- und Verhandlungsgeschick, Rhetorik und Konfliktmanagement. Die Teilnahme an einem Weiterbildungskurs passt erfahrungsgemäß gut direkt im Anschluss an die landwirtschaftliche Ausbildung, die Fachschule oder den Meister-Kurs bzw. während oder nach dem Bachelor- oder Masterstudium.
Regionale Kurse
In Baden-Württemberg können sich Landwirte für den fünfwöchigen Grundkurs für junge Landwirtinnen und Landwirte in der schwäbischen Bauernschule Bad Waldsee anmelden. Voraussichtlich findet der Kurs Mitte Januar bis Mitte Februar statt. Hier heißt es, der Grundkurs soll helfen, die geistigen, kulturellen, aber auch personalen Kompetenzen zu erweitern.
Für bayerische Landwirte könnte der Herrschinger Grundkurs vom 5.1. bis 20.3.2026 oder der Grainauer Grundkurs, vom 6.1. bis zum 21.3.2026, interessant sein.
Brandenburg bietet Landwirten, die an Weiterbildungsangeboten interessiert sind, die Führungskräfteakademie an. In zehn über das gesamte Jahr verteilten Modulen soll der Kurs einen Überblick zum breiten Spektrum der praktischen Unternehmensführung übermitteln. Die Teilnehmenden erhalten das notwendige Handwerkszeug zur Wahrnehmung von Führungsaufgaben in der 1. bzw. 2. Führungsebene von Unternehmen der grünen Branche.
In Niedersachsen stehen zwei Weiterbildungskurse für junge Erwachsene zur Auswahl. Für den Studienkurs Niedersachsen müssen sich Landwirte von September bis zum März des darauffolgenden Jahres Zeit nehmen. Weiterhin gibt es den Winterkurs Grundkurs in der Landvolkhochschule Oesede. Dieser findet jährlich von Oktober bis März des darauffolgenden Jahres statt.
Den Grundkurs der katholische Landvolkshochschule Hardehausen können junge Landwirte aus NRW besuchen. Dieser findet jährlich von Mitte Januar bis Mitte/Ende Februar statt. Außerdem gibt es den vierwöchigen Hauptkurs der Landvolkshochschule Freckenhorst.
Für Landwirte aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland könnte der Grundkurs Südwest von Interesse sein. Der Kurs findet alle zwei Jahre statt, das nächste Mal vom 24.1. bis 8.2.2026.
Überregionale Intensivkurse
Als überregionaler Intensivkurs hat sich der TOP Kurs der Andreas Hermes Akademie (AHA) etabliert. Er findet unter dem Slogan „Starke Persönlichkeiten für komplexe Agrarwelten“ jährlich von Anfang Januar bis Anfang März statt. Das Wort TOP steht dabei für „Team-Orientierte Persönlichkeitsentwicklung“.
Neben der Persönlichkeitsentwicklung liegt ein Fokus auf einem zukünftigen Ehrenamt. Der Kurs richtet sich an Landwirte, die sich bereits in Organisationen der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes als Interessenvertreter wirksam einbringen oder künftig einbringen wollen.
Zudem gibt es noch einen weiteren überregionalen Kurs: den Intensivkurs von Bioland, dieser umfasst 21 Tage und erstreckt sich mit fünf Modulen je vier bis fünf Tagen von Januar bis November einen jeden Jahres. Der Kurs richtet sich an Landwirte, die ihre Zukunft in der Bio-Branche, im Biolandbau oder allgemein im Bereich Ökologie und Nachhaltigkeit sehen. Es ist ein Kurs zur Netzwerkbildung, „Change Management“ und Persönlichkeitsentwicklung für junge Menschen zur Förderung des bioengagierten Nachwuchses. Der Kurs soll jungen Menschen die Gelegenheit geben, sich weiterzuentwickeln und Zukunftsvisionen zu erarbeiten.
Förderung einholen
Die Kurse kosten je nach Dauer und Fördermöglichkeit etwa 2.000 bis 5.000 €. Die Kosten für einen Weiterbildungskurs müssen Sie oft nicht komplett allein tragen, sondern können sich eine Förderung einholen. Informationen dazu finden Sie bei den jeweiligen Seminaranbietern oder auch bei der Stiftung für Begabtenförderung der Deutschen Landwirtschaft.
Die Stiftung fördert die Teilnahme an berufsbezogenen Maßnahmen zur Weiterbildung, zum Beispiel Lehrgängen oder Seminaren, den „Langen Kursen“ an den Bildungszentren im ländlichen Raum. Bewerber für ein Stipendium müssen im Agrarbereich bzw. im unmittelbar vor- oder nachgelagerten Bereich tätig sein und dürfen höchstens 35 Jahre alt sein.
Außerdem müssen Sie mindestens einer dieser Voraussetzungen erfüllen:
berufliche Abschlussprüfung in einem Beruf des Agrarbereichs, mindestens mit der Gesamtnote ”gut”
Abschluss der Meisterprüfung oder einer sonstigen Fortbildungsprüfung in einem Beruf des Agrarbereichs, mindestens mit der Gesamtnote ”gut”
Abschluss einer Fachschule im Agrarbereich oder eines agrarischen Hochschulstudiums, mindestens mit der Gesamtnote ”gut”
Teilnahme an einem Bundesentscheid eines Berufswettbewerbs im Agrarbereich
ehrenamtliche Tätigkeit in einer landwirtschaftlichen berufsständischen Organisation in führender Funktion mindestens auf der Ebene einer Bundes- oder Landesorganisation oder einer katholischen Diözese bzw. einer evangelischen Landeskirche
Die Förderung wird als Pauschalbetrag gewährt und dient zur Begleichung der Kosten für Teilnahmegebühren, Lehrmittelkosten, Zuschuss für die Übernachtungskosten, Fahr- und Flugkosten sowie Kosten für Lohnausfall bzw. Stellung einer Ersatzkraft. Die Höhe des Förderbetrages richtet sich nach der Weiterbildungsdauer. Diese beträgt mindestens eine Woche bis höchstens sechs Wochen. Die maximale Förderhöhe liegt für sechs Wochen bei 1.200 €. Sie brauchen das Geld nicht zurückzahlen.
Träger der Stiftung sind der Bundesverband landwirtschaftlicher Fachbildung, die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, der Deutsche Bauernverband, der Deutscher Landfrauenverband e.V., der Deutscher Raiffeisenverband e.V., Evangelische Kirche in Deutschland, HLBS-Stiftung, Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum e.V., Verband der Landwirtschaftskammern, Deutsche Bischofskonferenz, Zentralverband Gartenbau. Gefördert durch das BMEL und die Rentenbank.
Die Kosten für einen Weiterbildungskurs könnten Sie außerdem in der Regel steuermindernd als Betriebsausgaben geltend machen.
Und für „ältere“ Landwirte?
Für eine Weiterbildung ist man nie zu alt und es gibt auch zahlreiche Kurse, bei denen es keine Altersbegrenzung gibt. Seit über 30 Jahren bietet beispielsweise die AHA das b|u|s Unternehmertraining an. Das sind Schulungen für Landwirte, die ihre Zukunftsplanung und Persönlichkeitsentwicklung fördern möchten. Die Seminargebühr pro Modul beträgt etwa 210 € (zuzüglich Unterkunft und Verpflegung), abhängig von der Gruppengröße. Mehrere Institutionen, darunter das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF), bieten Fördermöglichkeiten an.
Neben den bus-Kursen bietet die AHA ein vielfältiges Seminarprogramm für die Landwirtschaft an, darunter spezielle Trainings zur Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikation und Führungskompetenz.
Des Weiteren gibt es die Farmers Factory. Dabei handelt es sich um eine onlinebasierte Coaching- und Netzwerkplattform speziell für landwirtschaftliche Unternehmer. Das Unternehmen konzentriert sich auf eine Kombination aus persönlicher und betrieblicher Weiterentwicklung. Das Programm fußt dabei auf vier Säulen, die unterschiedliche Möglichkeiten des Austausches und Lernens ermöglichen:
Monatlicher Online-Austausch unter Praktikern
Zugang zu Video-Modulen mit Praxis-Vorlagen
Viermal pro Jahr erfolgt ein Online-Expertentalk, hier geht es um Erfolgs-Strategien von Beratern, Coaches und anderen Unternehmern
Jährlicher Best-Practice-Workshop
Weitere Angebote
Weitere Weiterbildungsseminare finden Sie zudem in folgenden Einrichtungen:
Regionalen Landwirtschaftskammern/ -ämtern
Landfrauenverbände
Bildungszentren der Ländlichen Erwachsenenbildung (LEB) mit Standorten in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thürigen
Evangelische & Katholische Landvolkbildung / Heimvolkshochschulen. Zahlreiche Standorte finden Sie hier.
Die Akademie Junges Land, dessen Trägerin die Katholische Landjugendbewegung Deutschlands e.V. (KLJB) ist.
DEULA Bildungszentren mit verschiedenen Standorten in Deutschland
Der Brandenburgischen Landwirtschaftsakademie: Start – Brandenburgische Landwirtschaftsakademie (BLAk)